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Stefan Schultze im Interview zu seiner Uraufführung der Chorfantasie "Our Voices"

24. August 2018

Stefan Schultze im Interview zu seiner Uraufführung der Chorfantasie

Inspiriert von archaischen Klängen

Das 17. Chorfest Magdeburg wird mit der Uraufführung „Our Voices“ eröffnet, die dem Chorfest das Motto gibt. Die „Magdeburger Chorfantasie“, wie das Werk im Untertitel heißt, hat der Berliner Komponist sieben Chören mit etwa 100 SängerInnen der Region auf den Leib geschrieben. Im Interview gibt er Auskunft über sein Werk.

Für Ihre Komposition „Our Voices“ arbeiten Sie erstmals mit einer so großen Zahl an ChorsängerInnen zusammen. Was reizt Sie am Umgang mit der menschlichen Stimme?

Die Möglichkeiten der Stimme, und hier vor allem vieler Stimmen, in ihrer Individualität und im Zusammenklang zu erforschen und sie mit den Klängen des präparierten Klaviers und der Live-Elektronik zu verbinden, finde ich sehr spannend. Als Textbasis für das Werk, das mit Einflüssen aus Vierteltonmusik, Obertongesang, zeitgenössischer Improvisation und folkloristischer Musik spielt, dient das japanische Gedicht „Iroha-Uta“ aus dem 10. Jahrhundert.

Spielt es eine Rolle, ob Sie für Profis oder LaiensängerInnen schreiben?

Ich denke, dass es immer wichtig ist, sich zu überlegen, wie man ein bestimmtes Ensemble zum Klingen bringen kann und wie man spannende Musik dafür komponiert. Da mache ich keine Unterschiede in der Komponierhaltung. Wenn die Menschen, die meine Musik aufführen, merken, dass ich mir darüber Gedanken gemacht habe, freut mich das.

Die gesanglichen Ergebnisse mehrerer Chorworkshops haben Sie in die Komposition einfließen lassen, ein „Work in progress“ gewissermaßen. Gab es Dinge, die Sie überrascht haben?

Es macht sehr viel Spaß mit den Chören zu arbeiten und zuzuhören, wie sie singen und die Ideen interpretieren. Da die Stimme ein so direktes „Instrument“ ist, war ich oft begeistert, von eben dieser Direktheit, auch im Zusammenklang. 

In Ihren Kompositionen lassen Sie sich gern von sehr alter Musik mit teilweise archaischen Strukturen inspirieren, was reizt Sie daran?

Ich finde es sehr spannend festzustellen, dass sich sehr alte Musik mancher Kulturen für mich viel moderner anhört als manche zeitgenössische Musik, die ich höre. Auch finde ich es sehr inspirierend über den Ursprung von Sprache, Ton und Geräusch nachzudenken. Für die Komposition von „Our Voices“ habe ich oft darüber nachgedacht, wie ich es umsetzen kann, dass die Musik ganz alt und ganz neu gleichzeitig klingt.

Welche Rolle spielt der Raum, die Konzerthalle im Kloster Unser Lieben Frauen, in Ihrem Werk?

Mit dem Raum, der natürlich einen großen Nachhall hat, muss man arbeiten und ihm kommt deshalb auch eine eigene, wichtige Bedeutung zu. Die Klänge werden sowohl durch die sich durch den Raum bewegenden Chöre, als auch durch die acht Lautsprecher, die im Raum verteilt sind, herumwandern. Darüber hinaus wird ja auch parallel zu dem Werk eine Klanginstallation im Kreuzgang mit weiteren acht Lautsprechern aufgebaut, die kompositorisch noch eine zweite Raumebene zum „hineinhören“ vor und nach dem Konzert schafft.

 (Die Fragen stellte Kathrin Singer / Foto Stefan Schultze)